On Demand oder Prophylaxe
On Demand
Von einer On-Demand- oder auch Bedarfsbehandlung spricht man, wenn ein Faktorpräparat bei einer akut auftretenden Blutung eingesetzt wird. Der fehlende Gerinnungsfaktor wird umgehend in die Vene injiziert. Sobald der Faktor in ausreichender Menge am Verletzungsort vorliegt, kommt die Blutung zum Stillstand.
Die Blutungsneigung von Hämophilie-Patienten ist unterschiedlich. Sie hängt davon ab, inwieweit noch Blutgerinnungsfaktoren vorhanden sind und ihre normale Funktion erfüllen – dies wird auch als Restaktivität bezeichnet. Bei einer Restaktivität, die mindestens 1 % der Gerinnungsfaktoraktivität eines Menschen ohne Hämophilie entspricht, entwickeln sich seltener spontane Blutungen als bei einer Restaktivität unter 1 %.
Mit der Entdeckung dieses Zusammenhangs entstand auch die Idee der vorbeugenden Behandlung bzw. Prophylaxe: Faktorpräparate werden bei Patienten mit geringer Restaktivität nicht erst bei einer tatsächlichen Blutung, sondern dauerhaft prophylaktisch verabreicht, um die Zahl spontaner Blutungen zu senken.
Prophylaxe bei schwerer Hämophilie
Heute weiß man, dass die Prophylaxe die Zahl der spontanen Blutungen senken und damit auch Gelenkschäden eindämmen oder sogar verhindern kann. Darüber hinaus verbessert sie die Lebensqualität der Patienten. Die Prophylaxe ist daher die Therapie der Wahl bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit einer Restaktivität unter 1 %.
Die regelmäßigen Injektionen im Rahmen der Prophylaxe zahlen sich aus: Blutungen treten seltener auf, die Gelenke sind gesünder und die Lebensqualität höher.
Menschen mit schwerer Hämophilie erhalten in der Regel dreimal (Hämophilie A) oder zweimal (Hämophilie B) pro Woche ihr Faktorpräparat. Ein abweichender Rhythmus ist möglich, z. B. bei Präparaten mit verlängerter Halbwertszeit, sog. Extended-Half-Life (EHL)-Präparaten.
Grundsätzlich sollte die Prophylaxe individuell auf den Patienten zugeschnitten sein und folgende Aspekte berücksichtigen:
- Alter und Gewicht
- Blutungsneigung
- Körperliche Aktivität und Lebensführung
- Individuelle Verläufe der Faktorkonzentration im Blut